Synergetik-Einzelsitzung: Tod oder Leben?
Rhabdomyosarkom - Mischgeschwulst
aus Bindegewebe und Muskelanteilen am Steißbein und Hintern (nicht operierbar).
Die 16-jährige Klientin kam aus dem Ausland ins Kamala, um sich hier als
letzte Möglichkeit ihrem Krebs zu stellen. Sie hatte 6 Chemotherapien mit
sehr hohen Dosierungen überstanden. Die Ärzte am Krankenhaus ließen
sie gehen. Die Mutter begleitete sie.
Der Grundkonflikt der 16 jährigen
Klientin war ein Schockerlebnis: Vom Vater verlassen werden und Einsamkeit.
Die Eltern hatten sich vor einigen Jahren getrennt. Das Mädchen lebte bei
der Mutter. Ein Jahr vor Ausbruch des Krebses hatte sie eine ablehnende Grundhaltung
der Welt gegenüber entwickelt. In ihrer mentalen Power jedoch blieb sie
stark. In der letzten Session brach das Auslöseereignis auf und sie schreit
ihren Vater an: Du hast mich alleine gelassen. Warum hast du mich alleine
gelassen? Ich hatte so große Angst. Warum bist du gegangen? Warum bist
du gegangen? Du bist einfach gegangen. Einfach gegangen. Du hast mich alleine
gelassen.
Sie hatte mit ihrem intellektuellen Verstand die Ereignisse gemeistert, aber
die Energie weggedrückt. So hatte sie sich immer mehr von ihrer eigenen
Lebensenergie abgeschnitten und unter der Oberfläche zerfraß Einsamkeit
und Verzweiflung ihren Körper als Krebsgeschwür.
Auszüge
Probesession: Die Klientin befindet sich auf einer Weggabelung. Einer der beiden
Wege ist dunkler als der andere und sie spürt, daß es für sie
wichtig ist, diesen dunkleren Weg zu gehen. Sie begegnet einem weinenden Kind
und streichelt es. Starke Tumor-schmerzen treten auf. Die Klientin spricht das
Kind direkt an:
Kl: Ich bin da. - Es war allein. ... Da sitzt eine Eule auf dem Baum. Sie fliegt
weg und ich laufe ihr nach. Da ist ein See. Sie setzt sich auf den Baum daneben
und ich schau ins Wasser und sehe mich.
Th: Ja, sehr schön, sie sagt damit Schau dich selbst an. Schau
mal, was siehst du? Oder schau mal, was dein Spiegelbild dir sagt.
Kl: Hör auf! Hör auf, sagt es. ... Ich soll aufhören, mich zu
hassen. (atmet heftig) ... Ich kann nicht mehr. (weint) Ich will nicht mehr
kämpfen müssen. Ich will nicht mehr mit mir selber kämpfen.
3.Session: Die Klientin hat zu Beginn der Session starke Schmerzen und der Therapeut
gibt die Anweisung, daß der Schmerz sich in ein inneres Bild umsetzen
soll. Sofort taucht eine Kugel mit vielen Spitzen auf. Die Klientin setzt sich
intensiv mit dieser Kugel auseinander, sie atmet verstärkt, weint, und
drückt ihre Verzweiflung aus. Am Ende der Session hat die Kugel ihre Spitzen
eingezogen und die Schmerzen sind verschwunden.
4.Session: Zu Beginn der Session ist die Klientin sehr wütend. Der Therapeut
gibt ihr einen Schlagstock in die Hand und sie drückt ihre Wut auf die
Schmerzen aus. Die Session endet mit dem Bild einer Sommerwiese, auf der die
Klientin mit Elfen tanzt und sich nicht mehr so alleine fühlt.
5.Session: Hinter einer schweren, verrosteten Eisentür mit der Aufschrift
Auftraggeber von meinem Schmerz sitzt eine schwarze, zusammengekauerte
Gestalt auf einem Bett. Sie sagt, sie sei immer wieder hier eingesperrt worden.
Im Verlauf der Session wird deutlich, daß die Klientin aus der Angst,
verlassen zu werden, sich häufig nicht gewehrt, sondern ihre Wut nach innen
gerichtet und dort eingesperrt hat. Die schwarze Gestalt ist der Ausdruck davon.
Jetzt läßt die Klientin diese Gestalt frei und fordert sie auf:
Kl: Hilf mir. Jetzt kannst du dich austoben. Du darfst jetzt kämpfen. -
Die Klientin verändert verschiedene prägende Erlebnisse aus der Vergangenheit,
indem sie sich jetzt mithilfe der schwarzen Gestalt wehrt. Daraufhin verändert
sich auch die schwarze Gestalt. - Er macht mir nicht mehr so viel Angst. Er
ist nicht mehr so schwarz. - Sie spricht ihn an - Ich kann dir jetzt in die
Augen schauen. Ich sehe deine schwarzen Augen, die sind leer. Aber ich habe
keine Angst mehr vor deinen leeren, schwarzen Augen.
6.Session: In dieser Session tauchen Szenen aus dem Krankenhaus auf, in denen
die Klientin nicht für sich selbst eingestanden hatte und sich alles gefallen
ließ. Sie spricht direkt mit den Ärzten:
Kl: (unter Tränen) Das macht ihr nie wieder! NEIN!!!! Das laß ich
nicht mehr zu. Ich hab genug davon. Laßt mich in Ruhe. Ihr habt mir keine
andere Wahl gelassen (weint) Ich hatte solche Angst. Ich hatte solche Angst.
(weint verzweifelt) Ich konnte überhaupt nichts tun. Ihr tut Menschen weh
und ihr merkt es nicht einmal. Immer mehr wolltet ihr von mir, ihr Blutsauger.
Nein! Ihr kriegt nichts mehr von mir! (schlägt und schreit) Nein! Nein!
Nein! Nein! Nein! Nein! Nein! Ihr kriegt überhaupt nichts mehr von mir....
Ich hab mir alles zurückgeholt. Ihr könnt gar nichts mehr von mir
kriegen. ...Jetzt gehen sie weg. Sie wissen, daß sie von mir nichts mehr
kriegen. - Die Klientin macht heftige Energie- und Körperarbeit, begleitet
von 2 Therapeuten. Anschließend fühlt sie sich angenehm erschöpft
und ihre Schmerzen sind fast verschwunden.
7.Session: Die Klientin ruft gleich zu Beginn die schwarze Gestalt auf und redet
mit ihr unter Tränen:
Kl: Ich will wieder gesund werden. (weint) Er sagt nix. (weint verzweifelt)
Du sagst nix, warum sagst du denn nichts? (weint) Ich weiß nicht, was
ich tun soll, ich weiß nicht, was ich tun soll.
Ich versuch doch alles. Bitte - ich will doch gesund werden. Ich will wieder
gesund werden - bitte, bitte, bitte. Ich weiß nicht, was ich noch tun
soll. (weint verzweifelt) ... Die schwarze Gestalt schaut mich immer nur an.
- Therapeut fordert zur direkten Kommunikation auf - Du schaust mich immer nur
an. Bitte hilf mir, bitte, bitte, ich will wieder gesund werden, kannst du mir
nicht helfen. ... Ja, er nickt schon, aber er tut nichts. Du tust nichts, bitte
hilf mir doch. (weint lange verzweifelt) Ich will nachhause! Ich möchte
gesund sein. Ich will leben! Ich will leben! ICH WILL LEBEN!!!!!! Warum hilft
mir keiner. Keiner hilft mir. Warum??? Ich brauch Hilfe. Ich schaffs doch
nicht alleine. Ich will nicht immer alleine sein. (verzweifelt) Ich will nicht
immer alleine sein. (völlig verzweifelt) Ich will nicht alleine sein. Ich
will nicht alleine sein. Nein!
Th: Woher kennst du das - alleine sein? Das muß das schrecklichste Gefühl
sein, das es gibt für dich. Woher kennst du das? Geh mal da hin. Sei mal
dort.
Kl: Ich hab Angst, er läßt mich allein.(weint) Papa! Er hat mich
einfach alleine gelassen, obwohl ich Angst hatte. Ich hatte so große Angst
und er hat mich alleine gelassen.
Th: Sags ihm, hol ihn herbei.
Kl: (schreit) Du hast mich alleine gelassen. Warum hast du mich alleine gelassen?
Ich hatte so große Angst. Warum bist du gegangen? Warum bist du gegangen?
Du bist einfach gegangen. Einfach gegangen. Du hast mich alleine gelassen. (weint
verzweifelt) Laß mich nicht mehr alleine, laß mich nicht mehr alleine.
Versprich mir das. Versprich mir das....
Ich rede jetzt wieder mit der Gestalt. Und es sagt, ich bin jetzt über
50 Prozent. Ich hab viel rausgelassen.
Th: Du machst das auch echt gut. Das ist toll. daß die Verzweiflung rauskommt,
die zerfrißt dich sonst ... Hol dir jetzt nochmal die Gestalt herbei und
schau mal, wie er ausschaut. Red mit ihm.
Kl: Du bist nicht mehr so dunkel und du hast jetzt normale Proportionen. Deine
Augen sind nicht mehr so kalt und leer und stumm. - Er lächelt sogar ein
bisschen
Die Mutter hatte aus dringenden geschäftlichen
Gründen nur ein Zeitlimit von 5 Tagen und mußte dann zurückfahren.
Die Tochter wollte nicht alleine zurückbleiben und flog mit. Wenige Tage
später hörten wir, daß das Mädchen im Krankenhaus liegt
und nicht mehr transportfähig ist. Wir boten an, hinzufliegen und vor Ort
weiterzuarbeiten, aber wir bekamen keine Nachricht mehr. Mehrere telefonische
Versuche unsererseits scheiterten.
Erst 10 Monate später erreichten wir die Mutter der Klientin. Sie erzählte,
daß ihre Tochter im Krankenhaus nur noch Morphium gespritzt bekam und
die Ärtze ihr jeden Tag mitteilten, daß sie bald sterben werde. Die
Mutter der Klientin: Das Krankenhaus war die Hölle. Die Ärzte
behandeln ihre Patienten wie Versuchs-objekte für ihren Erfolg, aber sie
erreichen diesen nicht.
Schließlich nahm Frau K. ihre Tochter mit nachhause. Ein weiterer Besuch
bei uns war geplant, konnte aber nicht mehr in die Tat umgesetzt werden. Das
Mädchen hatte so starke Schmerzen, daß sie bis zu ihrem Tod weder
sitzen noch liegen konnten. Sie mußte knieend schlafen.
Frau K. teilte mit, daß sie mit ihrer Tochter sehr oft über die Sitzungen
und die Ursachen der Krebserkrankung gesprochen hat. Frau K. meinte, das Mädchen
sei immer sehr sensibel gewesen und die Trennung vom Vater war für sie
ein großer Schock. Ich habe sie gefragt, ob sie mit dem Vater wieder
zusammenkommen möchte, aber sie hat gesagt, daß es auch nichts mehr
nützen würde. Das Mädchen hatte resigniert.
Frau K. geht davon aus, daß die Chemothera-pie das Immunsystem ihrer Tochter
zerstört hat. Sie war ja bereits bei einem ersten Verdacht auf Leukämie
sofort mit Chemothera-pie behandelt worden. Der Verdacht wurde drei Tage später
aufgehoben.
Frau K. lebt jetzt völlig zurückgezogen: Das Leben ist für
mich nicht mehr wichtig.